In engen Zeiten

Das hat mich heute überrascht.

 

Obwohl ich tagtäglich mit Menschen zu tun habe, die einfach nicht auf ihren Körper hören, wenn er so die ersten Warnsignale und Hinweise schickt, war ich sehr betroffen.

 

Ich bin heute in der Früh mit einem Freund nach einem Geschäftstermin noch auf der Straße gestanden und wir haben geplaudert. Plötzlich kommt der Satz: „Es wird mir alles zu viel. Ich kann nicht mehr“.

Mein erster Gedanke war: Ausgerechnet Du? Du, der immer so stark erscheinst und für die anderen da ist. Ja, genau er! Genau ihn trifft es jetzt mit voller Wucht. Anstatt eines großen „Danke“ vom Leben kommt das Gegenteil. Die Zeiten sind eng. Sehr eng, um ehrlich zu sein. Die Anforderungen, die an ein Leben gestellt werden, steigen immer mehr und mehr. Wenn die Zeiten aber so eng sind, dann sind Erholung und Ruhe von extremer Wichtigkeit.

Die Fassade des Freundes hat heute zum ersten Mal sichtlich zu bröckeln begonnen. Wenn man die Worte ausspricht, „ich kann nicht mehr“, dass man „die Belastungen nicht mehr aushält“, dann ist sowieso schon „höchste Eisenbahn“. Im Laufe des Gespräches erzählt er mir, wie er von einem Termin zum nächsten hetzt, er gar nicht mehr zur Ruhe kommen kann. Und das beschränkt sich nicht nur auf berufliche Verpflichtungen. Welche Hinweise sollen Geist & Körper noch schicken, damit man endlich hinhört? Warum aber gerade jetzt? 

Einfache Frage, einfache Antwort: man hat es zu lange übertrieben!

Zu lange und zu viel gemacht! Und zusätzlich keine Unterbrechung dieser stressigen Phasen eingebaut!

 

Viele meiner KlientInnen sind tough. Oder sie erscheinen zumindest so, weil sie es gewohnt sind, dass sie Verantwortung und Engagement in Beruf und Familie übernommen haben. Sie machen ihre Sache oft auch sehr gut, aber irgendwann kommt der Moment, wo man zu viel tut. Naja, heute halt noch die 2 Angebote rausschicken, ich könnte diesen Kunden ja auch noch aus dem Auto aus anrufen und dann kommt noch ein unerwarteter aber wichtiger Termin rein. Außerdem warten die Kinder zu Hause schon. Ok, heute wird es sich leider nicht mehr mit der Gute-Nacht-Geschichte ausgehen, aber morgen. Sicher! Alles kein Problem. Und ist es dann morgen anders?

In der Tat ist es kein Problem, wenn  Geist & Körper an ihre Grenzen gehen. Eines ist aber unabdingbar, und hier machen viele Menschen den gravierenden Fehler: sie unterbrechen diese Stress- und Belastungszeiten nicht. Genau das braucht der Mensch aber. Stress ist gewisser Maßen auch nützlich und manchmal auch schön (erinnern Sie sich mal an das erste Date mit dem Lebenspartner bzw. der Lebenspartnerin. Das ist Aufregung pur. Und das ist auch Stress, bei einer so schönen Sache positiver Stress allerdings, aber der Körper reagiert ebenfalls. Leider überwiegen nicht die schönen und positiven Stressmomente).

Viele von uns könnenn auch bei Freizeit-Aktivitäten entspannen, keine Frage! Ich gehöre auch zu denen. Ich habe schon so viele tolle und unbeschreibliche schöne Momente in Wien beim Laufen erlebt (mein Lieblingsgebiet ist der Wiener Prater! Eine Oase!) Bei vielen Menschen gehört es einfach dazu, etwas für den Körper zu tun. Das ist auch gut und wichtig.  Sie gehen ins Fitness-Studio, laufen, walken, machen Krafttraining zu Hause mit dem eigenen Körpergewicht usw. Alles toll! Aber eines vernachlässigen sie: zur Ruhe zu kommen. Sich selbst, dem Körper, dem Geist eine Auszeit zu gönnen. Das ist nicht „tough“, da tut man ja nix.

 

Ja genau, da tut man nichts. Man liest einfach ein Buch, nimmt sich konsequent Zeit für sich (Handy aus, Tee-/Kaffeekanne mit dem Lieblingshäferl hin, einfach die Stille oder gute Musik genießen). Das ist genau das, wonach sich Geist & Körper sehnen. Er vollbringt tagtäglich Höchstleistungen für Sie. Gönnen Sie ihm eine Auszeit! Unterschätzen Sie diese Wichtigkeit nicht!

Die Zeiten sind eng. Lassen Sie es für sich selbst nicht zu eng werden.

Herzlich
Robert Schultes

Kommentar schreiben

Kommentare: 0